Gemeinsame Forschung für eine neue Energiequelle

Jülich, Bochum und Düsseldorf unterstützen mit einem neuen Virtuellen Institut das Fusionsprojekt ITER

[7. Dezember 2004]

Bochum / Düsseldorf / Jülich, 7. Dezember 2004 - In die Fusionsforschung kommt Bewegung: Europa ist entschlossen mit dem Bau des Fusionsreaktors ITER in Südfrankreich den nächsten Schritt auf dem Weg zu einer neuen Energiequelle nach dem Vorbild der Sonne anzugehen. Zur Unterstützung dieses Vorhabens haben sich Plasmaforscher aus dem Forschungszentrum Jülich und den Universitäten Bochum und Düsseldorf jetzt zusammengeschlossen und das Virtuelle Institut "ITER-relevant Plasma Boundary Physics" (IPBP) gegründet. So wollen sie ihre Aktivitäten noch stärker als bisher bündeln und ihr vielfältiges Know-how gemeinsam nutzen. Ein erstes gemeinsames Treffen fand vergangene Woche im Physikzentrum Bad Honnef statt.

Angesichts der weltweit drohenden Energieverknappung im Laufe dieses Jahrhunderts kommt der Erforschung neuer Energiequellen eine besondere Bedeutung zu. Eine solche Energiequelle ist die Kernfusion, bei der Energie nach dem Vorbild der Sonne erzeugt wird. Bei der Fusion verschmelzen Wasserstoffkerne unter Freisetzung sehr großer Energiemengen - die Brennstoffe sind zudem praktisch unerschöpflich. Die internationale Fusionsforschung hat mit ihren Experimentieranlagen bewiesen, dass sie die physikalischen Prinzipien zur Zündung des Fusionsfeuers kennt. Nun müssen die Forscher zeigen, dass ein wirtschaftlicher Dauerbetrieb im Kraftwerksmaßstab möglich ist. Ein wichtiger Schritt in diese Richtung ist der nun in weltweiter Kooperation geplante Bau des 500 Megawatt Experimentalreaktors ITER (lat. "der Weg").

Ob die Forscher den Dauerbetrieb realisieren können, hängt besonders davon ab, ob sie die Belastung der Wände beherrschen. Nur so können sie eine hinreichende Lebensdauer der Reaktorwände erzielen. Dabei spielen die Physik des viele Millionen Grad heißen Fusionsplasmas in der Nähe der Wände des Fusionsreaktors und die Wechselwirkung des Plasmas mit den Wänden eine entscheidende Rolle. Die Fusionsforscher aus dem Forschungszentrum Jülich haben sich nun mit Plasmaphysikern der Ruhr-Universität-Bochum und der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf zusammengeschlossen, um die Prozesse zwischen Wand und heißem Plasma eingehend zu untersuchen und damit auch zum Erfolg des Projekts ITER beizutragen. Dabei werden die einzigartigen experimentellen Möglichkeiten in Jülich zur Untersuchung von Hochtemperaturplasmen mit dem speziellen Know-how der beiden Universitäten in derAtomphysik, der Plasma-Oberflächen-Wechselwirkung, bei Laserplasmen, in der Plasmadiagnostik und bei modernen Rechenverfahren zu einem gemeinsamen Forschungsprogramm verknüpft. Diese besonders enge Zusammenarbeit von Forschergruppen mit unterschiedlichen Kompetenzen innerhalb eines Virtuellen Instituts wird durch die Helmholtz-Gemeinschaft besonders gefördert.

Das neue Virtuelle Institut kommt gerade rechtzeitig, denn die Forschungsminister der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union haben auf ihrer Sitzung am 26. November 2004 in Brüssel der Europäischen Kommission das Mandat erteilt, die Verhandlungen mit den Partnern (Japan, Russland, China, USA, Korea) über den gemeinsamen Bau von ITER in Cadarache, Südfrankreich, nun zügig zu beenden, auch wenn vielleicht am Ende nicht alle mitmachen. Obwohl Japan zur Zeit noch immer einen Standort im eigenen Land für ITER favorisiert, hoffen die Europäer die Japaner letztendlich doch vom europäischen Standort zu überzeugen. Die EU will mit dem neuen Verhandlungsmandat ihre Führungsrolle in der Erforschung der kontrollierten Kernfusion festigen und weiter ausbauen. Genau dazu will auch die neue Kooperation zwischen Jülich, Bochum und Düsseldorf auf einem wichtigen Teilgebiet beitragen.

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Blick in das Innere des Fusionsexperimentes Textor am Forschungszentrum Jülich:
Die Brennkammer ähnelt einem riesigen Autoreifen.

Foto: Forschungszentrum Jülich

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Letzte Änderung: 19.05.2022