Transformationsstrategien 2050

Auf dem Klimagipfel der Vereinten Nationen am 23.9.2019 in New York bekannte sich die Bundesrepublik Deutschland zu dem Ziel, bis zum Jahr 2050 Treibhausgasneutralität herzustellen. Derzeit hat sich Deutschland zum Ziel gesetzt, die Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2050 um 80 bis 95% gegenüber dem Emissionsniveau von 1990 zu reduzieren. Die hierfür festgesetzten Treibhausgasreduktionspfade werden durch eine Vielzahl von weiteren zum Teil sehr detaillierten Zielsetzungen (z.B. Anteil erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung) flankiert, die von der Bundesregierung als notwendig gesehen werden, um die Reduktionsziele zu erreichen. Dieser Zielekanon wurde im Laufe der letzten Dekaden sukzessive entwickelt und erweitert. Die Frage, ob es sich bei den vorgeschlagenen Transformationspfaden um kostenoptimale Strategien handelt, ist derzeit unbeantwortet.

Ziel der vorliegenden Studie ist es, die kosteneffizientesten CO2-Minderungsstrategien zur Erreichung der Klimaschutzziele Deutschlands bis zum Jahr 2050 zu identifizieren. Hierzu werden zwei CO2 Reduktionsszenarien analysiert, die sich ausschließlich an den Minderungszielen für das Jahr 2050 von -80% (Szenario 80) und -95% (Szenario 95) orientieren. Mit Ausnahme des beschlossenen Kernenergieausstiegs sowie des anstehenden Kohleausstiegs bis zum Jahr 2038 werden keine weiteren Zielsetzungen der Bundesregierung übernommen.

Für die Analyse wird eine neuartige Modellfamilie eingesetzt, die vom Institut für Techno-ökonomische Systemanalyse (IEK-3) entwickelt wurde und die dem hohen Komplexitätsgrad der Problemstellung gerecht wird. Als besondere Merkmale sind u.a. die hohe zeitliche und räumliche Auflösung, die detaillierte Abbildung von PtX Pfaden oder auch die Simulation von zukünftigen globalen Energiemärkten (z.B. Wasserstoff, synthetische Kraftstoffe) zu nennen. Eine methodische Besonderheit besteht darin, Datenunsicherheiten in die Analyse einbeziehen zu können, was das Identifizieren von robusten Lösungsstrategien ermöglicht.

Ausgewählte Ergebnisse

Die Analysen zeigen, dass eine Minderung der Treibhausgasemissionen um -80% sowohl aus technischer als auch ökonomischer Perspektive machbar ist. Eine Steigerung des Minderungsziels auf -95% ist deutlich anspruchsvoller und korreliert mit erheblichen Mehrkosten. Die Analysen verdeutlichen darüber hinaus, dass sich je nach Vorgabe der Reduktionszielmarke für das Jahr 2050 die Reduktionsstrategien und damit auch die Zusammensetzung des erforderlichen Technikportfolios erheblich voneinander unterscheiden. Maßnahmen, die sich für das Erreichen eines 80% Ziels als notwendig und kosteneffizient erweisen, sind nicht zwingend Bestandteil einer Reduktionsstrategie, die zu einer Minderung von 95% führt. In Einzelfällen können sie sogar kontraproduktiv sein. Die Ergebnisse zeigen auch, dass die Reduktionsmaßnahmen zu einer deutlichen Verringerung der Energieimporte führen, aber dennoch für das Erreichen eines Reduktionsziels von 95% Energieimporte -wenn auch in deutlich geringerem Umfang- notwendig sind.


Die Substitution von fossilen Energieträgern führt zu einer zunehmenden Elektrifizierung in allen Sektoren und damit zu einer deutlichen Erhöhung des Stromverbrauchs und des Einsatzes von Bioenergie. Eine CO2 freie Stromversorgung ist daher notwendige Grundvoraussetzung. Windkraft und Photovoltaik sind das Rückgrat der zukünftigen Stromversorgung. Gegenüber heute ist im Szenario 95 bis zum Jahr 2050 die installierte Windkraftkapazität um den Faktor 4 und die Photovoltaikleistung um 3,7 zu steigern. Die Umsetzung von Energieeffizienzmaßnahmen in allen Sektoren ist die zweite wichtige Stellschraube, um die Treibhausgasziele zu erreichen. Die Analysen verdeutlichen, dass von ihnen sowohl im Szenario 80 als auch im Szenario 95 signifikante Wirkungen ausgehen. Sie sollten daher prioritär realisiert werden. Aufgrund seiner vielfältigen Einsatzmöglichkeiten (Speicherung, Nutzung) spielt der Einsatz von Wasserstoff insbesondere im Szenario 95 eine wichtige Rolle. So beläuft sich die Wasserstoffnachfrage im Jahr 2050 auf etwa 12 Mio. t. Diese wird zu mehr als 50% aus heimischer Produktion und darüber hinaus durch Importe gedeckt.

Szenariopräsentation in Berlin am 31.10.2019

Transformationsstrategien 2050
Übergabe der Studie im Haus der Bundespressekonferenz (v. l. n. r.: Prof. Dr. Detlef Stolten, Parlamentarischer Staatssekretär Thomas Rachel, MdB, Dr. Martin Robinius, Dr. Peter Markewitz)
Transformationsstrategien 2050
Beantwortung von Fragen zur Studie durch die Wissenschaftler des IEK-3 (v. l. n. r.: Dr. Peter Markewitz, Prof. Dr. Detlef Stolten, Dr. Martin Robinius)

Letzte Änderung: 20.07.2023